... oder: Nicht Computerspiele machen aggressiv, sondern Computerspieler.
Der aufmerksame Leser mag wissen, dass ich gelegentlich gerne Battlefield 2 spiele. Im Internet, zusammen mit Spielern aus aller Welt. Gemeinsam Flaggen erobern, sich gegenseitig abschießen, Sturmgewehre und Raketen - Räuber und Gendarm für Fortgeschrittene eben.
Dass das Spiel seine Macken hat ist bekannt, und mittlerweile hat die Spielergemeinde, wie auch ich, sich etwa mit Raketen die durch Fahrzeuge hindurch fliegen oder wirkungslos von ihnen abprallen statt zu explodieren, oder mit teils wirklich seltsamen Teamkills (etwa wenn man weit und breit kein Teammitglied in Sicht hatte, oder wenn das Wrack eines von eigenen Leuten zerstörten Panzers neben einem explodiert) abgefunden. Oder mit Minen die nicht explodieren, Toden die nirgends aufgeführt werden, oder dass die hart erspielten freigeschalteten Waffen durch höheren Rang auf manchen Servern weg sind, weil der Accountserver aus irgendeinem Grund meint, einen mit dem niedrigsten Rang anmelden zu müssen.
Auch daran dass ich immer der Depp bin der direkt vor dem Kanonenrohr des feindlichen Panzers spawnt, immer als erster von der Artillerie getroffen werde (auch von der eigenen), oder von Bomben getötet werde die das Buggy in dem ich saß heil gelassen haben (und gelegentlich auch dessen andere Insassen) bin ich gewöhnt, wenn ich mich darüber zugegebenermaßen nicht selten aufrege. Insbesondere etwa dann, wenn alles drei in direkter Folge passiert ist, und ich die letzten Minuten damit verbracht habe den Respawncounter zu beobachten statt auf Gegner zu schießen.
All das ist - mehr oder weniger - im Sinne des Erfinders, und wäre für sich allein zwar schon schlimm genug, aber eben eine Sache der Gewöhnung.
Nein, die größte Macke des Spiels ist zugleich das Geheimnis seines Erfolges: Das Messen mit anderen Spielern aus aller Welt.
Denn genau wie es wesentlich mehr Spaß macht, im Spiel einen Menschen zu übertrumpfen statt eines Computergegners, ist es auch wesentlich frustrierender wenn man mit menschlicher Dummheit konfrontiert wird. Die K(aum vorhandene) I(ntelligenz) kann schließlich nichts dafür dass sie so blöd ist, sie wurde nun mal so programmiert... Gut, auf den zweiten Blick lässt sich daraus kein logischer Satz mehr machen, der Mensch wurde schließlich ebenso nur programmiert, dumme Menschen haben einfach dumme Gene, aber trotzdem ist es frustrierend. Ich bin doch auch nicht dumm, warum denn dann alle anderen?
Hier jedenfalls einige Beispiele für die glorreiche Inkompetenz die mir auf dem virtuellen Schlachtfeld so begegnet ist.
Beispiel 1: Ich bin Schütze in einem Kampfheli, mit MG und Lenkrakete. Ersteres gegen Infanterie, letzteres gegen Fahrzeuge geeignet, wie man sich wohl denken kann. Trotzdem hält mein Pilot es für sinnvoller, mit seinen eigenen (ungelenkten) Raketen auf Infanteriejagd zu gehen, und mir konstant einen Schuss mit meiner eigenen Waffe zu verwehren. Von den Fahrzeugen lässt er sich lieber abschießen als mir ein freies Schussfeld mit der Rakete zu verschaffen. Und dann, wenn wir tot sind, teilt er mir über den Chat mit dass ich die Rakete hätte benutzen sollen. Hass.
Beispiel 2: Ein Jet startet, zieht am Ende der Startbahn hoch, und rammt den Helikopter der es scheinbar für klug hielt sich dort aufzuhalten wenn ein Jet auf ihn zugeschossen kommt. Ein Jet, dessen einziger Pfad (wegen der Bäume am Ende der Startbahn) nach oben führt. Und das reicht ihm natürlich nicht, der Helipilot muss sich noch beschweren dass er gerammt wurde. Er ist selbstverständlich im Recht, schließlich hat so ein Jet gefälligst am Boden zu bleiben wenn der Helikopter über seine Startbahn fliegt. Außerdem schrieb er alles in Großbuchstaben, dann kann man gar nicht widersprechen.
Beispiel 3: Ein Commander der seine Artillerie immer genau dann auf gegnerische Flaggen abzufeuern meinte, wenn gerade ein kleiner Trupp seiner eigenen Leute versuchte sich anzuschleichen und die Flagge zu übernehmen. Überraschungsmoment, nennt man sowas. Da hilft Artillerie bestimmt, im ersten Weltkrieg war man ja auch stets überrascht wenn der Artilleriebeschuss zunahm, dann aufhörte, und der Feind aus dem Graben gestürmt kam. Obwohl... nein, war man nicht. Verdammt.
Beispiel 4: Wieder Artillerie. Diesmal dorthin wo vor zwei Minuten drei Panzerfahrzeuge gestanden hatten (mittlerweile von der Infanterie vor Ort ausgeschaltet), und wo zwei Minuten später zwei weitere Panzerfahrzeuge aufgekreuzt sind. Nur als die Artillerie da war, war da nichts. Außer den eigenen Leuten, die durch Artillerie am Vorrücken gehindert wurden.
Beispiel 5: Artillerie die Dritte. Ein eigener Soldat (nämlich ich) an der gegnerischen Flagge, laut Radar ein einzelner Feind irgendwo in der Nähe, sonst kein Gegner weit und breit, Flagge ist fast übernommen. Da machen wir doch besser Artillerie drauf, sonst könnte der Feind die Flagge noch verlieren. Und zur Sicherheit töten wir den eigenen Mann mit der Artillerie, damit auch bloß nichts schief geht.
Beispiel 6: Ja, die Artillerie... gerne auch auf Gebäude in denen sich sehr viele Feinde befinden. Dummerweise befinden sie sich nicht auf den Gebäuden, sondern drinnen. Im besten Falle liegt dann vielleicht ein einzelner Scharfschütze auf dem Hausdach, aller Wahrscheinlichkeit nach einer aus der eigenen Mannschaft.
Beispiel 7: Und dann wäre da noch die (leider nicht seltene) Gruppe der wirklich, aber auch absolut strunzdummen Mitspieler. Das sind die, die mit einem Panzer zur Flagge fahren, begleitet von einer kleinen Gruppe Infanteristen, beginnen die Flagge zu übernehmen, und dann aus dem Panzer aussteigen. Ja, genau. Sie sind effektiv in Feindesland, sitzen in einem Panzer (das sind die Dinger mit Maschinengewehren und Kanonen, die Tod und Vernichtung über ihre Gegner bringen), und diese Leute steigen aus. Das erwartet ein rational denkender Mensch natürlich nicht, und entsprechend überrascht ist die Infanterie dann auch, wenn der Panzer in ihrer Mitte plötzlich vom Gegner bemannt wird und sie allesamt abgeschossen werden.
Dem gegenüber stehen natürlich einzelne Partien die einfach nur toll sind. Squads die im Team operieren und reihenweise Gegner ausschalten, mit funktionierender Rollenverteilung (also mit Sanitäter, Panzerabwehr, was man eben so braucht in einer ausgewogenen Truppe). Und mit Commandern die sinnvolle Befehle erteilen (die z.B. nur den Befehl geben eine Brücke zu sprengen, wenn man tatsächlich in deren Nähe ist und tatsächlich Sprengstoff dabei hat), die einem Unterstützung durch andere Squads schicken wenn man sie benötigt, oder die nach Ausführen des Befehls ein Fahrzeug abwerfen, so dass man schnell zum nächsten Flaggenpunkt fahren kann um dem nächsten Befehl Folge zu leisten. Solche Partien sind es, die ein wohlig warmes Gefühl im Bauch entstehen lassen wenn man das Magazin seiner Maschinenpistole in das Gesicht eines Gegners entleert. Dann opfert man sich auch gerne um den gegnerischen Panzer abzulenken, weiß man doch dass dieser kurz nach dem eigenen Ableben gesprengt werden wird, und man aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lange auf die Wiederbelebung durch den nahen Sani warten muss.
Diese Perlen unter den Partien sind es wohl auch, die mich immer wieder ins Spiel bringen. Man weiß ja nie wann man wieder auf hilfsbereite Teammitglieder stoßen könnte. Die dämlichen Vollidioten sind aber leider all zu oft das, was am Ende des Tages im Gedächtnis haften bleibt. Die Idioten, der hohe Blutdruck, und die blanke Wut. Dumme Menschen sollten eben doch in Fabriken arbeiten.